Lautsänger Journey – HiFi Test

Lesedauer: ca. 7 Minuten

Lautsänger feierte bei HIFI-TODAY- seine Premiere! Seit dem Test im April 2021 wird der ungewöhnliche Explorer-Kopfhörer, der dem Idiom der Chladnischen Klangfiguren folgt, in der HiFi-Szene heiß diskutiert – zumeist nach dem Tenor: „Ich verstehe zwar nicht ganz, warum er anders klingt, aber hören kann ich das.“

Mit nachfolgendem Bericht wollen wir allerdings nicht noch einmal tief die Kymatik einsteigen. Im Fokus steht hier vielmehr die spannende Frage, wie gut sich der „kleine Bruder“ des Explorers schlägt, der Lautsänger Journey für 990 Euro.

Lautsänger's Journey Headphone
Lautsänger’s Journey | Bild: Marius Dittert/Karl Belkner

Klang-Gene vom Explorer

Mit rund 1.000 Euro kostet der Journey im Vergleich zum Big Brother weniger als die Hälfte. Nach Aussage von Lautsänger-Geschäftsführer Harald Hobelsberger soll er dennoch über dieselben Grundeigenschaften wie der inzwischen 2.220 Euro teure Explorer verfügen. Diesen hatte Lautsänger ebenfalls nach den Erkenntnissen der Kymatik modifiziert.

Zur Erinnerung: Die Kymatik ist ein wissenschaftlicher Ansatz, der Kunst und Wissenschaft verbindet und sich mit den Phänomenen von Klängen und Tönen beschäftigt. Die Visualisierung von Klang ist dabei ein wichtiges Hilfsmittel zum Verständnis der Wirkprinzipien. Lautsänger kehrt dieses Phänomen um und nutzt Chladnische Muster und Strukturen, um neben dem bekannten Schalldruck eines Lautsprechers auch erstmals den „Klang-Sog“ mit einzubeziehen – und damit einen möglichst lebendigen, feindifferenzierten Klang mit ausgedehnter Bühnenwirkung zu erzeugen.

Für Lautsänger stellt der Journey somit eine echte Herausforderung dar, denn einerseits soll er das erwähnte Klangideal erzeugen; andererseits soll er den handwerklichen Aufwand insoweit reduzieren helfen, so dass ein möglichst attraktiver Einstiegspreis ins „Lautsänger-Universum“ realisierbar wird.

Legt man den Journey-Hörer neben den Explorer, fallen zunächst die schwarzen Ohrmuscheln aus hochwertigem Kunststoff auf. Beim Hochpreismodell kommt dagegen CNC-bearbeitetes Walnuss-Echtholz zum Einsatz. Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass beim Journey alle Metallteile silbern gehalten sind – und nicht golden wie beim Explorer. Erst auf den zweiten Blick erkennt man die in der Dicke minimal abgespeckten Ohrenpolster.

Journey und Explorer im Vergleich
Journey vs. Explorer | Bild: Marius Dittert

In Optik und Verarbeitung stehen sich die beiden Lautsänger-Hörer bis auf das Echtholz kaum nach. Das gilt ebenso für den Tragekomfort der Ohr-umschließenden Headphones. Er ist aufgrund der mittelweichen Polster und des selbstanpassenden Kopfbandes ähnlich gut und bietet selbst bei etwas längeren Sitzungen keinen Anlass zur Klage. Das Thema Tragekomfort ist allerdings immer ein sehr subjektives. Von daher empfiehlt der Autor, den Journey vor der endgültigen Inbesitznahme 14 Tage lang auszuprobieren und sich so selbst einen Eindruck zu verschaffen.

Technik von Meze Audio

Wie beim großen Bruder griff Lautsänger für den Journey auf ein bewährtes Modell von Meze Audio zurück. Nach Jahren der Klangforschung sollte ein Produkt nach den Grundsätzen der Kymatik entwickelt werden. Den passenden Einstieg fand man nach zahlreichen Experimenten mit einem Kopfhörer des rumänischen Herstellers.

Die Gründe für die Wahl waren unter anderem auch pragmatische, denn Meze-Headphones können von den Technikern komplett zerlegt werden. Sie sind nicht verklebt, wie das bei der Konkurrenz oft der Fall ist. Umfangreiche Modifikationsmaßnahmen führen daher auch nicht gleich zur Beschädigung. In puncto Service ist das ebenfalls ein dickes Plus und schlicht nachhaltiger.

Technisch basiert der Lautsänger Journey auf dem Meze 99 Neo. Für den Explorer hatte Lautsänger noch den Meze 99 Classics ausgewählt. Wirft man einen Blick auf die Meze-Webseite stellt man fest: Die technischen Daten beider Kandidaten unterscheiden sich nur in einem einzigen Punkt: Die Impedanz des 99 Neo liegt bei 26 Ohm. Sie ist somit 6 Ohm niedriger als beim 99 Classics – ein ebenfalls schön niedriger Wert, der vor allem das Zusammenspiel mit Laptops oder Smartphones erheblich erleichtert. Diese verfügen meist über keine hochwertigen Ausgangsstufen für Kopfhörer.

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Kymatische Formteile im Innern

Bleiben wir kurz noch bei den inneren Werten: In elektrischer Hinsicht hat Lautsänger den Meze-Hörer nicht verändert. Was hinzugefügt wurde, sind zwei im Umfeld der Treiber montierte kymatische Formelemente, sogenannte Kymatikorgane, die über eine lange Versuchsreihe ermittelt wurden. Sie stellen eine große handwerkliche Herausforderung dar, denn die Formelemente werden im Laufe der langen Versuchsreihe zunehmend kleiner und somit immer filigraner.

Wie der Autor bei seinem Besuch bei Lautsänger in Hirschhorn am Neckar feststellen konnte, benötigt man für diese Arbeit gelernte Kunstschnitzer – und Fehler darf man bei dieser Arbeit ebenfalls nicht machen, dann sonst ist „alles für die Katz“. Im Vergleich zum Explorer sind die hier eingepassten Module aber einfacher zu fertigen, was den gesamten Modifikationsaufwand deutlich reduziert und somit dem Preis zu Gute kommt.

Etui Lautsänger Journey
Der Journey in edler Verpackung | Bild: Marius Dittert

Der Klangeindruck

Für den Hörtest ließ sich der Berichterstatter nicht nur den Journey, sondern auch den Explorer zusenden. Auf diese Weise konnte er beide Lautsänger-Modelle direkt miteinander vergleichen. Außerdem ließ sich so der Klangeindruck, den der Explorer im April 2021 hinterlassen hatte, erneut überprüfen.

Dieser hatte nicht nur bei hochauflösendem Musikmaterial geglänzt; selbst bei datenreduzierten iTunes-Signalen (AAC 256 kpbs), direkt am Laptop abgenommen, sprich: ohne externen DAC und Kopfhörerverstärker, verwöhnte er die Ohren mit einem sonoren, raumfüllenden und lebendigen Klang, der selbst bei längeren Hörsitzungen nie zu Ermüdungserscheinungen führte – und dieser schöne „Effekt“ stellte sich im Dezember 2022 erneut ein, als der Tester wiederum Vivaldis Mandolinenkonzerten (Thibault Cauvin: „The Vivaldi Album“) gebannt lauschte!

Der „kleine“ Journey ist wie der teure Bruder keine „High-End-Mimose“, der nur dann überzeugt, wenn die Kette teuer ist. Gegenüber dem „Großen“ besaß er sogar ein paar Vorteile, denn sein Bass wirkte schlanker, sodass mittlere Lagen noch etwas informativer rüberkamen: Bei Bachs Weihnachtsoratorium unter der Stabführung von Peter Schreier (Philips) konnte man daher neben all den Pauken und Trompeten dem zarten Continuo-Spiel des Cembalos besser folgen, auch besaßen die Bläser etwas mehr Glanz.

Der Explorer ertönte dafür noch körperhafter und somit auch etwas heimeliger. Außerdem verfügte er über die größere Klangbühne, was einerseits mit seinen Ohrmuscheln aus Echtholz zu tun haben dürfte, andererseits an den noch elaborierteren Chladnischen Klangfiguren liegen dürfte, die Lautsänger neben seine Treiber montiert.

Bemerkenswert waren weniger die Unterschiede als vielmehr die Gemeinsamkeiten der beiden Lautsänger: Zu diesen gehörten detaillierte, aber nie ermüdende Höhen und ein wunderbar entspanntes Klangbild, das auf den Schreiber dieser Zeilen ganz eindeutig integrierend wirkte. Kurzum: Auch mit dem Journey war der Chronist stets zufrieden und ganz bei sich selbst und nicht auf der rastlosen Suche nach irgendwelchen Klangdetails.

Bei Aufnahmen, die nach Garagenrock (The Strokes: „Is This It“) oder schlicht etwas dünn tönen (Heaven 17: „The Luxury Gap“), konnte der Journey seine Stärken dann vollends ausspielen: Wie der Explorer besaß er die schöne Fähigkeit, gleichzeitig angenehm und dennoch nie schönfärberisch zu wirken.

Edles Manual | Bild: Marius Dittert

Fazit

Mit dem Journey gelingt Lautsänger das Kunststück, einen Großteil der Faszination, die der Explorer beim Musikhören auslöst, für deutlich weniger Geld anzubieten. Interessanterweise erlebt man den „kleineren Hörer“ aber nie als ein Downgrade, vielmehr als eine interessante Alternative. Der Autor möchte den Abstand beider Headphones zueinander daher auch nicht quantifizieren; vielmehr möchte er dazu animieren, sich beide Hörer einmal in Ruhe bei einem Fachhändler anzuhören und dann selbst zu entscheiden. Wie auch immer am Schluss die Entscheidung ausfällt: Mit einem Kopfhörer von Lautsänger erwerben Musikfreunde ein Produkt mit sehr hohen Langzeitqualitäten – vor allem akustischen.

Journey mit Etui

Hersteller/Vertrieb

Lautsänger UG (haftungsbeschränkt)
Die Manufaktur in Hirschhorn
Brentano Str. 23
69434 Hirschhorn
Tel. +49 6272 55 999 05
www.lautsaenger.com

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