Die wundersame Welt der Fantasie – Essay

Lesedauer: ca. 9 Minuten

Ursprünglich sollte dies ein Bericht über die Methodik der Produktentwicklung der Audioindustrie werden, speziell jenes Bereichs, der für sich in Anspruch nimmt, hohe Leistungsmerkmale zu garantieren.

Dabei wollte ich ein wenig die Hintergründe beleuchten, wie manche Hersteller zu ihren Ergebnissen gelangen. Ziel war es, mittels Aufklärung, sich den Angriffen, Kritiken und Infragestellungen, die an dieser spezialisierten Hörkultur gerichtet werden, entgegenzustellen.

 

Zunächst ein kleiner Überblick

 

Der globale Marktanteil hochwertiger Audiotechnik besetzt lediglich eine winzige Nische. Im Vergleich zu den Giganten der Technologiebranchen sind selbst die größten Unternehmen der Audioindustrie, was Umsätze und Größe der Belegschaften betreffen, eher klein.

Der Kreis aus Anbietern und Konsumenten besteht aus einer Minderheit. Folglich bleibt vielen Herstellern die Anwendung streng wissenschaftlicher Methodik ihrer Produktentwicklungen genauso verwehrt, wie im überwiegenden Teil der restlichen Industriezweige, vor allem mittelständischer Betriebe.

Der größte Teil seriöser Wissenschaften kann sich nur um Bereiche kümmern, die von breitem Interesse sind, wie etwa erneuerbare Energien oder Computertechnologien. Grundlagenforschung wirkt sich wirtschaftlich oft nur indirekt aus, vor allem bei Fragen zur Biologie, Archäologie oder was es zum Beispiel mit der Dunklen Materie auf sich haben könnte.

Dabei zehren Teile der Audioindustrie mehr von Ergebnissen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns einiger Fachbereiche, als selbst Wesentliches dazu beizutragen. Untersuchungen von Wirkungs- und Funktionsweisen mancher Produkte oder technischer Lösungen sind kein Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen mit großen Budgets. Viele Hersteller stützen sich daher mehr auf die Methode von Versuch und Irrtum, als auf Ergebnisse von großen Instituten oder internationalen Forschergemeinden.

Dennoch bewähren sich Experimente verschiedener Lösungsansätze als empirische Methodik, da sie zu verwertbaren Ergebnissen führen. Vielen Herstellern bleibt nichts anderes übrig, als sich auf Messwerte und Höreindrücke zu verlassen.

Aufgrund mangelnder theoretischer Ausarbeitung und Beweisführung basieren Beschreibungen über Wirkungs- und Funktionsweisen oft auf Erfahrungen, Intuitionen und Spekulationen. So erscheint es als kaum verwunderlich, warum viele Menschen solchen Erklärungen skeptisch gegenüberstehen, weil sie als nicht wissenschaftlich fundiert gelten.

Verstärkt wird diese Problematik, da Hersteller versuchen mit ihren Produkten Geld zu verdienen und Erklärungsversuche nicht von autorisierten Einrichtungen stammen, wie etwa dem MIT oder der Fraunhofer-Gesellschaft.

Den Verbrauchern bleibt letztendlich nichts anderes übrig, als den Erkenntnissen und Überzeugungen der Entwickler ebenso zu vertrauen, wie den eigenen Eindrücken und den Selektionsprozessen, die durch Kundenzufriedenheit zustande kommen.

Es ist schwer, sich auf einen starken internationalen Markt, zahlreicher und teilweise seit Langem etablierter Konkurrenten zu behaupten und allen Anforderungen gerecht zu werden. Zwingende existenzielle Gründe führten viele namhafte Hersteller in die Insolvenz, Auflösung oder Übernahmen. Mit kostspieligen Produkten Menschenmassen zu übervorteilen, um steinreich zu werden, entspricht in diesem Marktsegment, einer eher verzerrten Sicht der Dinge.

Doch bei der Recherche stieß ich auf eine Unterstellung, die mich dazu veranlasste, den Gegenstand dieses Berichts zu ändern.

 

Audiophile raus

Taugt die überstrapazierte Bezeichnung audiophil überhaupt noch als ausgrenzendes Kriterium? Die Definition dieses Begriffs hat die Szene, die eine hohe Klangtreue verfolgt, für sich erobert und im Sprachgebrauch etabliert.

Es steht als Synonym für höchste Klangqualität, die aber nie absolut, sondern immer verhältnismäßig ist. Fasst man dieses Adjektiv, abgeleitet aus dem Lateinischen audire für ich höre und dem griechischen, gebundenen Lexem -phil, das Neigung oder Liebe bedeutet, hingegen weiter, träfe das auf den überwiegenden Teil der Menschheit ebenfalls zu, weil sie alle es lieben, unabhängig einer relativ hohen Wiedergabequalität, Musik zu hören.

Das führt uns zur Frage, wo die Unterscheidungsmerkmale liegen?

Sicher sind es die, in einigen Bereichen, beständig steigenden Preise, bedingt durch erhöhten Aufwand an Technik, aber auch an Luxusmerkmalen, wie edlen Materialien, Verarbeitungen und Verzierungen, die oft weniger dem guten Klang dienen, denn mehr den Status symbolisieren und sicher auch zuweilen der Protzerei dienen.

Doch auch wenn diese Branche viele exotische Blüten produziert, spielt die Liebe zur Musik, mittels akkurater Wiedergabe, immer noch die Hauptrolle.

Vielleicht sieht sich auch wegen dieser Luxusprobleme, der gesamte Bereich Angriffen oder Infragestellungen ausgesetzt, die nicht nur von emotional aufgeladenen Kritikern in zahlreichen Foren, sondern auch von Vertretern aus den Reihen einiger wissenschaftlicher Fachrichtungen verlautbart werden.

Dabei greift man gerne auf flächendeckend vernichtende Argumente wie, dass sich manch qualitative Eigenschaften nicht durch Messungen belegen oder sich bei sogenannten Doppelblindtests bestätigen ließen.

Neben bekannten wissenschaftlich erarbeiteten Messgrößen, stellt sich die Frage, was eine Wiedergabekette gehobenen Standards, im Vergleich zur Stangenware zu leisten imstande sein sollte und ob diese quantifizierbar wären?

Existieren Kenngrößen, um etwa die weiträumige dreidimensionale Wiedergabe, den Grad an Realismus, das von Bitraten unabhängige Auflösungsvermögen, dem damit verbundenen Detailgrad, Loslösung von der Technik, Abbildungsschärfe, Plastizität, Natürlichkeit, Authentizität, Transparenz, tonaler Kontrast und meinetwegen auch Wärme im Klangbild und noch viele Eigenschaften mehr, mit geeigneten Messwerten belegen zu können?

Da werden Behauptungen aufgestellt, dass zum Beispiel heutige Geräte keinen oder sehr geringen Einfluss auf die Signalqualität hätten und das ohne Supraleitfähigkeit.

Und, dass man bei Erwerb edler Produkte, eine preisgebundene Erwartungshaltung bilde, die dann zu gewünschten klanglichen Ergebnissen führe. Denn laut den Kritikern, beruhen diese Eindrücke nur auf bloße Einbildung.

 

Revolution

Die unentdeckte Revolution

Seit langer Zeit haben sich weltweit unzählige Menschen intensiv mit der Materie entweder privat, professionell und natürlich auch zum Teil mit wissenschaftlichem Anspruch beschäftigt.

Sie haben viel und lange gelernt, experimentiert, sind oft gescheitert, haben Erfahrungen gesammelt und dabei ihr auditives Bewusstsein trainiert. Sie haben unermüdlich Geräte oder technische Detaillösungen sowohl für die Heimindustrie, wie auch für Rundfunk- und Tonstudiotechnik entwickelt und viel für die mutige Realisierung ihrer Überzeugungen geopfert.

Nicht selten haben einige von ihnen Arbeitsplätze geschaffen, genießen von vielen Seiten treue Anhängerschaft und zu Recht einen legendären Ruf. Und Konsumenten wollen für gewöhnlich einfach nur in Ruhe Musik hören.

Unzählige Menschen weltweit sammeln seit vielen Jahrzehnten die unterschiedlichsten Erfahrungen, die sie zu auditiv interessierten Individuen formen. Und all diese Menschen sollen sich nun die ganze Zeit über getäuscht und sich lediglich etwas eingebildet haben?

Sie sollen ihre Erfahrungen, Wünsche, Ziele, Errungenschaften, Überzeugungen und Werte vergessen, weil es Personen gibt, die nebenbei bemerkt nur minderwertige Audiotechnik bevorzugen, die uns davon überzeugen wollen, wir würden uns das alles nur einbilden.

Das erscheint mindestens als absurd. Aber zum Glück gelangt dies zu einer Nebensache und nicht nur, weil wir einer Minderheit angehören. Denn in dieser hochwissenschaftlichen Feststellung steckt eine bislang wohl unentdeckte Revolution, die eigentlich globale Auswirkungen zeigen sollte und sogar entscheidend für die menschliche Zukunft sein wird.

Folglich sollten wir den Kritikern eigentlich dankbar sein, denn wir dachten immer, das wäre alles echt.

Werbung:

Akiko Audio

 

Stärke

 

Möge die Macht mit uns sein

Doch bevor wir uns alle ganz doll lieb haben, sollten wir zunächst Fragen von mindestens globaler Bedeutung klären. Ob zum Beispiel diese sensationelle Entdeckung kognitiver Fähigkeiten, dieses Wunder an geistiger Kraft, nur bei auditiver oder auch bei allen anderen Formen der menschlichen Wahrnehmung möglich wäre?

Mit entsprechendem Training könnte man sich doch eigentlich alles sparen, was unnötig Ressourcen und Energie verbraucht und noch vieles mehr.

Demzufolge genügt die Vorstellungskraft und man kann sich zum Beispiel das Geld für einen Fernseher beliebiger Größe und Auflösung genauso gut sparen, wie den Netflix-Account oder warum nicht gleich auch das Wunschauto?

Da genügt womöglich bereits ein ordinärer Umzugskarton. Einfach mit einem Filzschreiber (den man sich dann vielleicht auch einbilden könnte) die Konturen auf die Pappe malen und schon schaut man Fernehen in 4K UHD oder fährt mit einem Porsche durch die Gegend.

Man kann sogar verreisen wohin man möchte und das auch noch ohne Unterschied zur Realität, wunderbar! Wer braucht schon die Realität, wenn bloße Einbildung völlig genügt?

Es erscheint schon ein wenig verwunderlich, warum das außerhalb der Audiowelt noch niemanden aufgefallen ist, denn auf diese Weise lösen wir sämtliche Probleme. Ob bei Fragen von Energie, Umwelt, Klima oder auch der Ernährung von bald 10 Milliarden Menschen, wäre Einbildung doch die Lösung für uns alle.

 

Audiophiles Ohr

 

Wir sind die Hörer

Bevor ich meinen Verdacht äußere, wäre es hilfreich einen echten Computer zu nutzen, um mal zu schauen, was sich unter dem Begriff Einbildung so alles finden lässt, nur um wenigstens mal kurz einen Bezug zur Realität herzustellen.

Da finden sich verschiedene Bedeutungen. Einbildung wird mit Wahnvorstellung, Imagination, Fantasie und Hochmut gleichgesetzt. Wahnvorstellungen gelten als psychopathologischer Komplex, mannigfaltiger Ausdrucksformen.

Doch im Lexikon taucht in einer langen Liste noch kein Eintrag auf, sich Klangqualitäten einzubilden. Hoffen wir mal, dass das nie passieren mag, denn dann müssten wir alle zum Arzt gehen und mit dem Schlimmsten rechnen.

Der Begriff Imagination steht ebenfalls oft im Zusammenhang pathologischer Felder, wenn auch nicht ganz so kritisch. Fantasie wird im Allgemeinen als kognitive Vorstellungskraft verstanden. Sicher kann einem auch jene mal durchgehen, da werden die Grenzen zum Pathologischen wohl fließend sein.

Hochmut beschreibt Eigenschaften von Personen, die im besonderen Maße von sich selbst eingenommen sind und sich für genial halten, obwohl sie täglich das Gegenteil beweisen.

Weitere Einträge bringen diese Begriffe in Zusammenhang mit Ideologien, des dunkelsten Kapitels der Menschheitsgeschichte. Wohin das führen kann, wenn man sich selbst für überlegen hält, haben wir vor einigen Jahrzehnten bitter erfahren müssen und es ist noch bitterer, wenn eine wachsende Zahl an Menschen heutzutage nichts davon gelernt haben.

Erfahrung

 

Menschliches, allzu Menschliches

Doch bevor ich in allzu gruselige Dimensionen abdrifte, erfahre ich bei meinen Recherchen, dass all dies mit Menschlichem, allzu Menschlichem zu tun hat.

Alles beginnt mit Vorurteilen und die sind vor allem sehr ambivalent. Sie können nicht nur Leben retten, weil man eine kritische Situation vorschnell beurteilt und man entscheidet, dem lieber aus dem Weg zu gehen, sondern auch schlimmstenfalls in Grausamkeit münden.

Es ist davon auszugehen, dass Menschen, die solche Überzeugungen vertreten, selbst keine Erfahrung mit dem gemacht haben, was sie vorverurteilen oder schlimmstenfalls mitsamt den Anhängern generalisiert entwerten.

Das bestätigt die Recherche im Lexikon, was ein Vorurteil im Kern ausmacht. Äußerungen und Überzeugungen verraten, dass jene Personen keine Erfahrungen haben, aber eine feste negative Meinung vertreten.

Einstellungen jener Art fördern überwiegend Irrationalität, die dann in generalisierte Ablehnung oder schlimmer noch in Hass umschlagen kann. Dabei handelt es sich, um ein psychologisches Paradoxon.

Eine Vorverurteilung hindert daran, eigene Erfahrungen machen zu können, die jedoch notwendig wären, um sich Urteile oder Meinungen überhaupt erst bilden zu können. Diese selbst verursachte Blockade, führt zu Verstärkung der Ablehnung und schlimmstenfalls zur Anzweiflung des Verstandes der Anhänger.

Aus diesen Sackgassen der verstärkten Selbstreflexionen findet man nur selten einen Ausweg, meistens nach einem einschlägigen Erlebnis, sprich einer Erfahrung.

Aber bei ganz verschlossenen Persönlichkeiten, die unbedingt ablehnen wollen, helfen auch Erfahrungen nichts. 

Dabei darf wohl erlaubt sein zu fragen, ob dies alles womöglich eher mehr mit diesen Menschen zu tun haben mag, als mit uns?

Neben vielen weiteren komplexen Prozessen formen Erfahrungen unsere geistige Plastizität.

Verwehrt man sich Erlebnisse, kann man sich weder eine Meinung bilden oder Neues erlernen.

Positionen und Überzeugungen entstehen durch verschiedene Perspektiven.

Vielleicht wäre es hilfreich in Kontakt zu treten, zum Hören einzuladen, um an der Welt des Nächsten teilzunehmen.

Was könnte sinnvoller sein, als voneinander zu lernen?

 

 

Nach oben scrollen
Cookie Consent mit Real Cookie Banner